RuthVidesottMonikaObristNatascia Ralli
Die Wörter und Unwörter des Jahres 2013 in Südtirol

21.01.2014

Ära, Generation Schulden und PISA
2013 steht in Südtirol für das Ende einer politische Ära und den Beginn einer neuen. Die italienische Jugend musste erkennen, dass sie als „Generation Schulden“ ein schweres Erbe trägt. Und die Ladiner konnten sich über hervorragende Ergebnisse bei der PISA-Studie freuen. – Die Wörter und Unwörter des Jahres in Südtirol sind gewählt.
Fünfundzwanzig Jahre dauerte die Ära Durnwalder. Die Ära Kompatscher verspricht kürzer zu werden. 2013 war eine Wendezeit für Südtirol. Der Wechsel an der Regierungsspitze des Landes hat bei den Vorschlägen für die Wörter des Jahres eine wichtige Rolle gespielt. Deshalb hat die Jury als deutsches Wort des Jahres in Südtirol den Begriff „Ära“ gewählt. Am häufigsten vorgeschlagen worden war hingegen der Begriff „Erneuerung“. Dieser war allerdings bereits 2008 – also im Jahr der vorletzten Landtagswahlen – gleichzeitig Wort und Unwort des Jahres in Südtirol. „Betteltourismus“ wurde zum deutschen Unwort des Jahres in Südtirol gewählt. Dass die Zahl an bettelnden Menschen in Südtirols Städten in den letzten Jahren zugenommen hat, ist unübersehbar. Sie mit Touristen zu vergleichen, die sich zur Erholung und zum Vergnügen in unserem Land aufhalten, ist äußerst beschönigend.
Die italienische Jury hat den Ausdruck „generazione debito“ (Generation Schulden) zum Wort des Jahres gewählt. Die italienische Jugend bekam im Jahr 2013 auch an den traurigen Arbeitslosenrekorden zu spüren, dass vor allem sie für die Schuldenlast der vergangenen Jahrzehnte büßen muss. Gleichzeitig ist es eine Generation, die sich laufend selbst verschuldet. Sei es um sich teure Grundbedürfnisse wie eine eigene Wohnung leisten zu können. Sei es weil die Konsumwelt mit Angeboten wie „kauf heute, zahl morgen“ zum Leben auf Pump verlockt. Das italienische Unwort des Jahres hingegen ist dem Bozner Müllverbrennungsofen gewidmet, der im Italienischen als „termovalorizzatore“ bezeichnet wird, und nicht, wie sonst üblich für solche Anlagen, als „inceneritore“. Der Ausdruck „termovalorizzatore“ erhebt den Anschein, als ginge es in erster Linie darum, Wärme zu verwerten und nicht Müll zu entsorgen. Es ist also ein beschönigender und verschleiernder Begriff, ein echtes Unwort.
Die ladinische Jury hat PISA zum Wort des Jahres erklärt. PISA ist die Abkürzung für „Programme for International Student Assessment“ (Programm zur internationalen Schülerbewertung). Bei der jüngsten PISA-Studie haben in Südtirol vor allem die ladinischen Schüler hervorragend abgeschnitten. Dies ist umso beachtlicher, weil sie den Test in einer Sprache machen müssen, die nicht ihre Muttersprache ist. Als ladinisches Unwort des Jahres wurde „cubatura“ (Kubatur) gewählt. „Kubatur“ als das Recht, etwas zu bauen, ist vor allem in den ladinischen Tälern immer mehr zu einem Spekulationsobjekt geworden. „Cubatura“ ist somit in allzu vielen Fällen ein gar nicht mehr so verkapptes Synonym für Spekulation und daher ein Unwort.
Die Veranstalter der Aktion – Sprachstelle im Südtiroler Kulturinstitut, Institut für Fachkommunikation und Mehrsprachigkeit der Eurac, Ladinische Abteilung der Bildungswissenschaftlichen Fakultät der Freien Universität Bozen und die Landesbibliothek Dr. Friedrich Teßmann – bedanken sich bei allen, die sich mit Vorschlägen beteiligt haben.

Die Jury / La Giuria / La iuria:
Andrea Abel, Institut für Fachkommunikation und Mehrsprachigkeit, EURAC
Johannes Andresen, Landesbibliothek Dr. Friedrich Teßmann
Martin Sagmeister, Landesabteilung für deutsche Kultur
Eva Gratl, Oberschullehrerin und Publizistin
Monika Obrist, Sprachstelle im Südtiroler Kulturinstitut
Martina Irsara, Facolté de Scienzes dla Formazion dla Université Ledia de Bulsan
Ruth Videsott Miribung, Facolté de Scienzes dla Formazion dla Université Ledia de Bulsan
Gerda Videsott, Facolté de Scienzes dla Formazion dla Université Ledia de Bulsan
Paul Videsott, Repartizion ladina dla Facolté de Scienzes dla Formazion dla Université Ledia de Bulsan
Claudia Provenzano, Dipartimento Istruzione e Formazione italiana – Area Pedagogica
Natascia Ralli, Istituto di Comunicazione Specialistica e Plurilinguismo, EURAC
Isabella Stanizzi, Istituto di Comunicazione Specialistica e Plurilinguismo, EURAC