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Volksabstimmung, „Badante“ und Weltnaturerbe - Die Wörter und Unwörter des Jahres in Südtirol sind gewählt


19.01.2010,

Zum fünften Mal waren die Südtiroler und Südtirolerinnen dazu aufgerufen, Wörter und Unwörter des Jahres vorzuschlagen. Fast 500 Vorschläge sind insgesamt eingegangen. Diesmal ist der Jury die Auswahl aber dennoch nicht schwergefallen.

Dem Bereich Politik waren die allermeisten Vorschläge in deutscher Sprache zuzuordnen. Dominant war dabei 2009 vor allem ein Ereignis: die erste „Volksabstimmung“ in Südtirol. „Volksabstimmung“ wurde somit zum Wort des Jahres gekürt, stellvertretend auch für die anderen Wörter, die dieses Ereignis mit sich gebracht hat, vom „Quorum“, der „direkten Demokratie“ bis hin zum Ausspruch „Ich geh nicht hin“.
Als Unwort des Jahres hat die deutschsprachige Jury „scudo fiscale / Steuerschutzschild“ gewählt. Meist wurde auch in den deutschsprachigen Medien des Landes der italienische Begriff „scudo fiscale“ verwendet. Die deutsche Wort-für-Wort-Übersetzung „Steuerschutzschild“ ist genauso beschönigend und verschleiernd wie das italienische Original, wenn man bedenkt, was sich hinter diesem „Schutzschild“ verbirgt: die Möglichkeit, illegal ins Ausland transferierte Gelder bei Zahlung einer einmaligen Steuer von fünf Prozent straffrei nach Italien zurückzuführen.

Die italienische Jury hat als Wort des Jahres den Begriff „badante“ gewählt. Die Pflegehelferinnen oder „Badantinnen“, wie sie manchmal auch im Südtiroler Deutsch bezeichnet werden, verdienen unseren Respekt für ihre wichtige Aufgabe, werden aber vielfach abschätzig betrachtet. Das Gesetz zur Legalisierung der „Badantinnen“ aus dem Ausland im Jahr 2009 sollte auch dazu führen, dieser Berufsgruppe mehr Anerkennung zu zollen.
Als Unwort des Jahres hat die italienische Jury „killeraggio“ gewählt. Zum einen ist das Wort eine unschöne Mischung aus englischem Wortstamm und italienischer Endung, zum anderen ist es Ausdruck der verbalen Härte in der italienischen Politik und in der medialen Berichterstattung darüber. Berlusconi, Fini, Boffo, Benigni und Marrazzo sind nur einige der „Opfer“ dieses neuen Unwortes.

Bei den Ladinern stand das Jahr 2009 ganz im Zeichen der Ernennung der Dolomiten zum UNESCO-Weltnaturerbe. Diese Auszeichnung ist eine Anerkennung der einzigartigen monumentalen Schönheit der Dolomiten, trägt zu ihrem Schutz bei und lenkt das Augenmerk zudem auf DIE Sprache der Dolomiten: das Ladinische. Dementsprechend wurde „arpejon dl’ umanité“ (Weltnaturerbe) als Wort des Jahres gewählt. Im Gegenzug wurde „senta a rotazion“ (rotierender Sitz) als Unwort des Jahres ausgewählt. Diese Bezeichnung ist für die Ladiner insofern verschleiernd, als sie verdeckt, dass der Sitz der Stiftung um das ladinische Gebiet herumkreist und nicht – wie vielfach gewünscht – in Ladinien selbst angesiedelt wird.

Das Institut für Fachkommunikation und Mehrsprachigkeit der EURAC, die Landesbibliothek Dr. Friedrich Teßmann, das Sprachenzentrum und die Ladinische Abteilung der Fakultät für Bildungswissenschaften der Freien Universität Bozen, die Sprachstelle im Südtiroler Kulturinstitut und die zwölf Mitglieder der Jury bedanken sich bei allen, die Vorschläge für das Wort und Unwort des Jahre 2009 in Südtirol gemacht haben.